Han Hoogerbrugge

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Hoogerbrugge von Han Hoogerbrugge
von stills.hoogerbrugge.com

Unter der Adresse hoogerbrugge.com veröffentlicht der Holländer Han Hoogerbrugge seit 1996 interaktive Animationen. Eine seiner bekanntesten Arbeiten ist die Serie Modern Living/Neurotica Series (1998-2001) in welcher sein Alter Ego1 in diversen Kurzepisoden wechselnden surrealen Situationen oder Malträtierungen, oft auch durch sich selber, ausgesetzt wird. Der Betrachter übernimmt in den einzelnen Episoden jeweils eine tragende Rolle, indem er die Aktion auslöst, oft auch beliebig wiederholen kann. Der Mehrwert zu einer klassischen Animation ist in diesem Fall, dass der Betrachter selber entscheidet wie lange die Figur in welchem Zustand verweilt.

Die einzelnen Episoden der Serie Modern Living/Neurotica und später Nails werden nebst dem gleichbleibenden Vektorstil dadurch zusammengehalten, dass Hoogerbrugges Figur stets die Hauptrolle spielt. Durch das relativ kurze und begrenzte Format zeigen sich die Episoden häufig als Endlosbilder, ein Klick löst nur eine momentane Veränderung aus, in jedem Falle eine die durch den nächsten Klick bereits wieder ausgehebelt wird. Der Reiz liegt in dem Wechsel zwischen zwei oder mehreren Zuständen, dem Erkunden verschiedener Aggregatszustände des Protagonisten.

Grössere Zusammenhänge hat Hoogerbrugge in den beiden experimentellen Musikvideos Spin und Flow bearbeitet. Die erste und bisher einzige wirklich zusammenhängende Erzählung ist allerdings Hotel. Dabei handelt es sich um eine interaktive Geschichte die sich rund um die Klinik eines Dr. Doglin abspielt. Die Klinik zeigt sich als eine Art surrealer Irrenanstalt in welcher der Doktor mithilfe von Medikamenten verschiedene Experimente durchführt. Die Geschichte ist in zehn Teile geteilt welche in sich jeweils nochmals in rund 6 interaktive Standbilder gespalten sind. Der Betrachter hat keine Möglichkeit den Lauf der Geschichte zu beeinflussen, er löst nur die erzählerischen Schritte durch einen Mausklick aus. Die Geschichte ist, man fühlt sich an die Neuroticas oder Nails erinnert, dicht besetzt mit klickbaren Charakteren und Situationen die oftmals keine offensichtlich zwingende Rolle in der Erzählung einnehmen, in ihrer Unberechenbarkeit und Absurdität aber eine äusserst starke Atmosphäre für die Geschehnisse schaffen.

Das neuste und aktuelle Projekt von Hoogerbrugge ist Pro Stress 2.0, ein episodenhaftes, verhältnismässig klassisches Webcomic2 welches mit drei Bildern funktioniert. Es gibt Strips in denen wieder Hoogerbrugge die Hauptrolle spielt, in anderen werden nachgezeichnete Berühmtheiten oder Tiere als Figuren verwendet, einzige der Text der Sprechblasen ändert sich immer. Die Vektorzeichnungen werden durch Wochendeeinträge von surrealen sprachlosen Aquarellbildern, oft Portraits, ergänzt.

Hoogerbrugges Arbeiten sind inhaltlichen anspruchsvoll und gestalterisch versiert, und somit Teil einer kleinen Minderheit von erzählerischen Arbeiten, welche die Möglichkeiten des Mediums Internet nutzen.

1 :
Hoogerbrugge spricht von seiner Arbeit auch als "ongoing self-portrait":

http://en.wikipedia.org/wiki/Han_Hoogerbrugge
2 :
Siehe dazu auch Webcomics - Realitaet